Das Tierschützerverfahren - Ein Justizspektakel
Im sogenannten Tierschützerverfahren rund um eine Gruppe von Tierschützer Aktivisten gingen die emotionalen, politischen und juristischen Wogen hoch. Der Gruppe wurde von der Justiz der Vorwurf gemacht, sie hätte eine kriminelle Vereinigung gebildet, um diverse Straftaten zu begehen. Die mehrmonatige Verhängung der Untersuchungshaft sowie der gesamte darauf folgende Gerichtsprozess in Wiener Neustadt sorgten für nationales und internationales Aufsehen. Das Verfahren endete dann mit einem Freispruch für die Angeklagten.
Hohe Verfolgungsintensität
Der zuständige Staatsanwalt aus Wiener Neustadt hat lang jährige Observationen mit allen dienstlichen Mitteln durchgeführt, insbesondere auch mit dem Einsatz einer verdeckten Ermittlerin. Diese oft effiziente Ermittlungsmaßnahme (geführt in der Regel durch das Bundeskriminalamt) nach § 131 StPO gehört zum Instrumentarium der Strafverfolgungsbehörden und liefert oft Belastungsbeweise, die normalerweise nur schwer auszuräumen sind. Obwohl das Ergebnis dieser Überwachung entlastend für die Verdächtigen war, wurden die strengsten Mittel des Strafrechts gegen die Tierschützer ergriffen. Die verdeckte Ermittlung wurde allerdings von den Beschuldigten entdeckt und medial in weiterer Folge geschickt aufbereitet. Dadurch erhöhte sich der mediale Druck auf die Behörden. Gleichzeitig konnten die Tierschützer als Ziele dieser Maßnahmen Sympathien in der Öffentlichkeit sammeln.
Hausdurchsuchung und Untersuchungshaft
Besonders die von der Staatsanwaltschaft veranlassten Hausdurchsuchungen und die Verhängung der Untersuchungshaft sorgte für mediale Aufmerksamkeit, denn sämtliche Wohnungen der Beschuldigten wurden durchsucht. Die Beschuldigten wurden verhaftet. Es wurde Untersuchungshaft verhängt. Der Schock über diese Maßnahmen war groß und ohne das Umfeld der Mandanten wäre die Situation noch unerträglicher geworden. In der öffentlichen Meinung jedoch wurden diese Eingriffe immer mehr als unverhältnismäßig angesehen.
Erst nach einigen Monaten gelang es, den Haft- und Rechtsschutzrichter davon zu überzeugen, dass die Untersuchungshaft in diesen Fällen unangemessen war. Es lag von Anfang an nach Ansicht der Verteidigung kein Haftgrund vor. Die Wende im damaligen Strafverfahren kam, als es gelang, die verdeckte Ermittlerin zu enttarnen und sie als Entlastungszeugen der Verteidigung zu beantragen. Diese verdeckte Ermittlerin war im inneren Kreis der Tierschützer tätig und konnte bezeugen. dass keiner der angelasteten Straftaten von diesen begangen wurde.
Eine bessere Entlastung wie eine Polizeibeamten die verdeckt ermittelt hat, war nicht denkbar. Allein aus diesem Grund war der Freispruch schon vollkommen gerechtfertigt, darüber hinaus gelang es der Staatsanwaltschaft nicht andere Sachbeweise zu erbringen.
Man kann sagen, dass das Tierschützerverfahren von einer überbordenden Ermittlungstätigkeit geplagt war. Die freigesprochenen Beteiligten sprachen häufig von politisch motivierter Verfolgung.
Erst später wurden die entsprechenden Problembereiche in der Justiz entdeckt und wurden Thema zahlreicher justizinterner Verfahren.
Die Entpolitisierung der Strafjustiz ist dem Gesetzgeber noch nicht gelungen.